Willkommen › Foren › LZ 126 – Das Amerika-Luftschiff › Falsche Einheitspeilscheibe “von ZEPPELIN LZ 126”
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Hallo zusammen!
Anbei komme ich um ein leidiges Thema nicht herum: Fälschungen zum Schaden der Sammler.
Wohlgemerkt, ich möchte die Schuld nicht unbedingt den anbietenden Auktionshäusern und Händlern in die Schuhe schieben – dennoch tragen Sie eine nicht zu leugnende erhebliche Mitschuld, zum einen durch mangelhafte Sachkenntnisse (das ist strecjenweise durchaus entschuldbar), vor allem aber durch Ignorieren von Hinweisen zu ge- bzw. verfälschten Objekten.
Meine Kompetenzen erstrecken sich ausdrücklich weniger im Bereich philatelistischer Objekte, wo allgemein die Sorgfalt durch entsprechende Kompetenzen natürlich unweit größer ist, sondern mehr im Bereich der Zeppelin-Memorabilien. Aber da gab es ja durchaus auch immer erhebliche Überschneidungen im Interesse („Jagdrevier“) der Sammler.
Die Unterschiede zwischen Fälschung, Verfälschung, Ganz- und Teilfälschung, auch dem geneigten Philatelisten im allgemeinen geläufig, möchte ich hierbei der Einfachheit halber außenvor lassen. An der ggf. vorhandenen kriminellen Energie würden diese fein abzugrenzenden Definitionen hier auch nichts ändern.
Anbei also drei aktuelle Beispiele zur Einstimmung:
I. Eine „alte Bekannte“: 50. Auktion Christoph Gärtner
Los 882 D: ZEPPELIN LZ 126, Original Kompass (Einheitspeilscheibe PSE) und Zubehör in entsprechender Holzkiste, Firmen-Nummerierung “FL 23421”. Selten angebotenes Zeppelin-Artefakt! (K).
Tatsächlich ist mir das Los erstmals bei der 13. Auktion von Schlegel, Berlin (Sammlung Edmund Sedlmayr) aufgefallen. Neben einigen anderen regelrechten Gurken war das das Highlight.
Tatsächlich handelt es sich um eine Einheitspeilscheibe vom Baumuster PSE, Best.-Nr. FL 23421 der Deutschen Luftwaffe, etwa von 1943.
Das Ding hat also nicht nur nichts mit dem LZ 126, einem anderen Zeppelin-Luftschiff oder dem Luftschiffbau Zeppelin zu tun, es hat nicht einmal ein Zeppelin-Luftschiff anpeilen können (Baujahr um 1943!).
Schon Schlegel wurde darauf hingewiesen.
II. Vor 25 Jahren darauf reingefallen: 172. Auktion Felzmann, Los 3031
Los 3031: KOPPEL / GÜRTELVERSCHLUSS aus Messing mit vs. neuem Emblem der DZR Zeppelin-Reederei aus ca. 1935, Adler über Weltkugel und Luftschiff mit Hakenkreuz unten, rückseitiger Haltebügel möglicherweise erneuert, sehr gute Erhaltung, nur innen etwas Patina.
In den wilden Anfangstagen des erstmals weiter verbreiteten Internets traten zahlreiche Glücksritter auf den Plan, Ebay, damals nur in der amerikanischen Version zugänglich, war ein beliebter Umschlagsplatz für allerlei „Raritäten“. Wie habe ich mich doch über das „wertvolle“ Koppelschloss aus den USA gefreut, 75.- Dollar bar im Briefumschlag als Einschreiben in die USA gesandt und lange gewartet. Bereits kurz nach Erhalt wich die Freude der Enttäuschung. Das Koppelschloss hätte ich auch direkt in Deutschland bestellen können:
Siegmund Stephan, Inhaberin Saskia Radtke-Stephan e.K.
Walsroder Str.43
29614 SoltauSeit rund 25 Jahren werden dort die Stücke dort ausdrücklich als Reproduktionen zu aktuell 40.- € das Stück zuzüglich Versand angeboten. Tatsächlich sind es im klassischen Sinne nicht einmal Reproduktionen sondern „Nachahmungen in Anlehnung an“ nicht existente Vorbilder. In letzter Zeit kommen diese und andere, bei Stephan bereits auch zum Teil ausverkaufte Stücke, immer wieder in den Ebay- und den klassischen Auktionshandel.
Aus dieser Quelle stammen übrigens auch die im 1. Weltkrieg auf dem Oberärmel der Uniform getragenen „wunderschönen“ gestickten Marine-Laufbahnabzeichen mit dem zusätzlichen „LZ 127“ – als ob sie Teil der Uniformierung der Besatzung des LZ 127 – GRAF ZEPPELIN seien…
Selbst bei alt eingesessenen auf Militaria spezialisierten Auktionshäusern tauchen diese Stücke inzwischen auf, dann gerne auf geheimnisvolle Art und Weise als „Dachbodenfund“ künstlich gealtert.
Kommen wir zu weiteren Metallobjekten. Besonders der Ebay-Verkäufer „Adelburg“, Klarname nicht bekannt, ist mir in der Vergangenheit mit fantasievollen „Zeppelin“-Metallobjekten aufgefallen.
III. Da kommt mir der Kaffee hoch: 172. Auktion Felzmann, Los 3031
Los 3041: LÖFFEL aus dem Bestand der Werft-Kantine der DELAG / Zeppelin-Reederei, einer aus ca. 1910, am Rand verziert und mit Inschrift “DeLAG”, einer aus ca. 1930 mit gepunztem Zeppelin und Inschrift “Kantine”.
Auch das Los 3041 fällt potenziell in die vorgenannte Kategorie der (besseren) Verfälschungen. Die Gravur als Hinweis zur DeLAG ist doch eher Quatsch und entsprang wohl der Fantasie eines weniger begabten Fälschers.
Die Bewirtschaftung der Pionierluftschiffe erfolgte durch das Kurgartenhotel Friedrichshafen (KHF, vergl. Hierzu: https://nat.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=980678), einer zum LZ gehörenden Tochtergesellschaft. Auch das echte an Bord Besteck und Porzellan der bewirtschafteten Pionierluftschiffe trug das KHF-Logo. Nach dem Krieg wurden die Luftschiffe ab LZ 127 – GRAF ZEPPELIN noch immer durch das Kurgartenhotel, nun aber unter dem LZ-Label in Eigenregie bewirtschaftet, vergl. Hierzu die LZ-Vignette auf dem Porzellan, etc., ab ca. 1936 dann unter der DZR. Noch einmal zum Verständnis: Die DeLAG war eine reine Fahrtgesellschaft zum Betrieb und Organisation des Fahrtdienstes. Kulinarische Exzesse gehörten nicht zu deren Geschäftsumfang – daher darf die Authentizität der Löffel als DeLAG-Objekt getrost in Frage gestellt werden.
Lediglich Uniforminsignien der DeLAG gibt es tatsächlich – das aber ist ein anderes Thema.
Warum wird im Bereich der klassischen Philatelie so viel Wert auf Provenienz, Gutachten und ähnliches gelegt, das eben auch im unteren Preissegment, nicht aber bei den durchaus nicht immer billigen Memorabilien? Gibt es keine Sammler mit entsprechender Expertiese? Oder vielmehr mit entsprechender Selbstachtung? Selbst bei „museal ausgerichteten Sammlern“ bekommt man haarsträubende Objekte mit fantastischen Erläuterungen präsentiert.
Hier muss sich wohl doch noch einiges ändern!
- Dieses Thema wurde geändert vor 3 Jahren, 5 Monaten von westfale.
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Das Auktionshaus Gärtner hat seine Katalogbeschreibung zum Los 882 D am 21.06.2021 geändert:
Alte (falsche) Losbeschreibung:
ZEPPELIN LZ 126, Original Kompass (Einheitspeilscheibe PSE) und Zubehör in entsprechender Holzkiste, Firmen-Nummerierung „FL 23421“. Selten angebotenes Zeppelin-Artefakt! (K).
Neue Losbeschreibung:
21.06.2021: Einheitspeilscheibe FL 23421 aus der Sammlung Edmund Sedlmayr, Landau mit Zubehör in Original Kiste der Luftwaffe/Wehrmacht von 1943. Dieses Objekt wurde der Vergangenheit dem ZEPPELIN LZ 126 zugeschrieben. Diese Zuordnung kann als widerlegt betrachtet werden, da LZ 126 1932 Außerdienst gestellt wurde.
- Diese Antwort wurde geändert vor 3 Jahren, 5 Monaten von westfale.
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