Willkommen Foren Allgemeines Lieblingsbelege – Persönlich besonders interessante und wertvolle Zeppelinpost Ehm Welk an Bord des LZ 13 – HANSA von Hamburg nach Gotha am 13. OKT. 1912

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        Der Lieblingsbeleg – eine einfache Frage, bestimmt aber keine einfache Antwort. Für mich gilt zumindest im Allgemeinen: Der Lieblingsbeleg ist in aller Regel der letzte erworbene Beleg. Aber natürlich gibt es Ausnahmen.
        Die Entscheidung für einen Beleg kann ja ganz unterschiedliche Ursachen und Erwäggründe mit sich bringen. Entweder passt ein Beleg thematisch gerade besonders gut in die Sammlung und schließt damit eine Lücke, tauscht einen weniger gut erhaltenen sinnvoll aus oder macht optisch einfach vielmehr her.
        Manchmal sind auch die Schreiber oder Empfänger von Interesse. Vor allem wenn eine kleine Geschichte eine Verbindung bis zum Sammler aufbaut. Das ist für die meisten meiner Belege der Fall.

        Es gibt also mancherlei Gründe. Manchmal wechselt im Lauf der Jahre und mit Wachstum und Entwicklung der Sammlung die Perspektive des Sammlers, eine Sammlung wird neu aufgestellt. Das Schöne daran ist aber, dass es damit auch neue Liebschaften gibt…

        Anbei möchte ich einen an sich unspektakulären Beleg vorstellen. Wirklich nichts besonderes, eher Massenware. Letzteres ergibt sich übrigens auch aus dem nachfolgenden Text.
        Meine Verbindung entstand zunächst allein durch meine (damalige) berufliche Verbindung zum Schreiber der Karte – und dann ergab sich zufällig bei einem 85. Geburtstag auch noch eine familiäre Verwicklung…

        LZ 13 - HANSA Bordpostkarte Ehm Welks vom 13. OKT. 1912

        Katalogtechnisch sind wir dann auch schnell durch, es handelt sich um eine Bordpostkarte der LZ 13 – HANSA. Auf der Ganzsache findet sich der doppelt abgeschlagene Bord-ʘ und der einfach abgeschlagene Bordpost-ʘ Type I vom 13. OKT. 1912 der Fahrt von Hamburg über Braunschweig nach Gotha.
        Sieger Ia | Michel 13Bc

        Adressiert ist die Karte an den Redakteur H. Schroft der Braunschweiger Landeszeitung in Braunschweig. Der Kartentext auf der Rückseite lautet:

        Über Celle, 13/10. vorm. 10 Uhr.
        Beste Luftgrüße von
        Bord der „Hansa“
        Ihr Ehm Welk

        Der Verfasser der Karte ist der im uckermärkischen Biesenbrow, heute ein Ortsteil von Angermünde, geborene Schriftsteller Ehm (Gustav Emil) Welk (29.08.1884 – 29.12.1966). In Westdeutschland ist er eher vergessen, den Ostdeutschen der Vorwende-Generation ist er noch als Autor des Romans “Die Heiden von Kummerow” (1937) bekannt. Die Verfilmung mit dem Titel “Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche” war dann 1967 die erste und darüber hinaus eine der wenigen gemeinsamen deutsch-deutschen Filmproduktionen von DDR und BRD.

        Von 1900 bis 1905 lebte Ehm Welk in Stettin. Dort absolvierte er, ohne darin seine Erfüllung zu finden, eine kaufmännische Ausbildung in einer Weingroßhandlung. 1904 begann er ein Volontariat bei der “Stettiner Abendpost”, danach wurde er Mitarbeiter bei den liberalen “Stettiner Neuesten Nachrichten”.
        Der eingeschlagene Weg des Journalisten führte in weiter zu verschiedenen norddeutschen Zeitungen, unter anderem als Chefredakteur der “Stolper Neusten Nachrichten”. Von 1910 bis 1919 war er Chefredakteur des “Braunschweiger Allgemeinen Anzeigers”.

        Mehr zur durchaus interessanten Biographie findet sich in der Wikipedia.

        Die HANSA-Fahrt von Hamburg über Braunschweig nach Gotha hat er im Rahmen seiner Tätigkeit als Chefredakteur des “Braunschweiger Allgemeinen Anzeigers” journalistisch verarbeitet – und das durchaus kritisch.
        Der enorme Fahrpreis von 325.- Mark, den er ja nicht aus eigener Tasche zahlte, stieß ihm sichtlich sauer auf, ebenso die Preise der Bordgastronomie. Dann spielte leider auf dem Großteil der Strecke auch das Wetter nicht so recht mit – die Aussicht war „diesig“, außerdem fühlte er sich wie „in der Kabine einer kleinen Jacht und langweilte“ sich. Immer hin war „Oberingenieur Dörr, der die HANSA führte, ein netter Herr. Während er und andere leitende Männer der Zeppelin-Bau- und Luftschiffahrt-Gesellschaften ruhig und sachlich ihre Arbeit bedenken, gibt es unter den untergeordneten Herrschaften welche, die den Luftkoller haben“.
        Während der Fahrt vervollständigte Welk rund 50 vorbereitete Karten (!) und gab sie an Bord auf. Solche „Karten werden an Bord der HANSA gestempelt und [sind] immer begehrt. […] entweder man freut sich, daß man lieben Bekannten eine Freude macht, oder man freut sich, daß man noch liebere Bekannte neidisch macht“.

        Beruflich hat es mich vor einigen Jahren in die Uckermark verschlagen. Der Uckermärker, das soll hier als Randnotiz angemerkt sein, ist dem Westfalen in Sturheit und Einsilbigkeit durchaus Artverwandt. Ich weiß wovon ich spreche…
        Im musealen Bereich tätig, hatte ich dann nahezu täglich mit Ehm Welk zu tun gehabt. Seine Luftschifffahrt fand in der wissenschaftlichen Biographie (S. Konrad Reich: Ehm Welk – Stationen eines Lebens. Hinstorff Verlag, Rostock 1976) mangels literaturwissenschaftlicher Relevanz keine Erwähnung. Auch im in der “Akademie der Künste” aufbewahrten Nachlass gibt es keinen Hinweis darauf.
        Als der Beleg nun vor einigen Jahren auf einer Auktion auftauchte, konnte ich zum Glück mit der Handschrift Welks vertraut, den Beleg erwerben. Soviel zur beruflichen Verbindung. Nun fehlt zur Abrundung der Geschichte aber noch der oben erwähnte Baustein der „familiären Verwicklung“:
        Während seiner Stettiner Lehrjahre freundete sich Welk mit zwei damals noch jungen Schwestern in Stettin an. Diese Freundschaft hielt mindestens bis in die Jahre des 2. Weltkrieges.
        Die beiden Damen aus guten Verhältnissen lebten in einer großbürgerlichen Wohnung nahe der bekannten Stettiner Hakenterrassen (polnisch: Wały Chrobrego). Auf der gleichen Etage wuchs der aus einer alten Stettiner Zahnarztfamiilie stammende Großvater (Jahrgang 1930) meiner Frau auf. Immer wenn Ehm Welk bei den Schwestern zu Besuch war, gab es auch für den kleinen „Wolli“ Geschichten und Süßigkeiten.

        2020 sollte die – pandemiebedingt verschobene – Neueröffnung des stadtgeschichtlichen Museums im Haus Uckermark in Angermünde erfolgen. Die Neugestaltung und -ausrichtung orientiert sich in der Stadt- und regionalgeschichtlich bedeutenden Sammlung am literarischen Leitfaden Ehm Welks.

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      • westfale
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          Geduld ist eine der wohl wichtigsten Tugenden für jeden Sammler. Und manchmal wird sie geradezu über Gebühr belohnt. Daher ein nachtrag:

          Nachdem im vergangenen Jahr ein geschlossener und nahezu lückenloser Bestand an Fahrtberichten der LZ 13 – HANSA auftauchte, ergab sich die bis dahin unerwartete, ja geradezu unwahrscheinliche Gelegenheit, den einen oder anderen intrerssanten Fahrtbericht zu erwerben. Für mich waren die Fahrtberichte des LZ 13 – HANSA vom 13. Oktober 1912 die interessantesten (S. Bericht zum Lieblingsbeleg zuvor).

          Die Fahrtberichte Nr. 64 und 65. stammen beide vom 13. Oktober 1912 und beziehen sich auf die Fahrten Hamburg – Braunschweig und die Weiterfahrt Braunschweig – Gotha. Zusammen mit der Bordpostkarte von Ehm Welk, der zum Zeitpunkt der Fahrt Chefredakteuer des “Braunschweiger Allgemeinen Anzeigers“ war und einen wunderbaren Zeitungsbericht zu dieser Fahrt schrieb, ergibt das eine tolle Dokumentation.

          Die Fahrtberichte 64. und 65. gehören praktisch untrennbar zusammen und teilen sich den Barographenstreifen vom Fahrttag. Alle 3 Objekte befinden sich nun dauerhaft in der Sammlung Luftfahrt.Industrie.Westfalen:

          • Bordpostkarte der Fahrt zum Zeppelintag Braunschweiger am 13. Oktober 1912
          • Fahrtbericht der 64. Fahrt des LZ 13 – HANSA von Hamburg – Braunschweig vom 13.10.1912
          • Fahrtbericht der 65. Fahrt des LZ 13 – HANSA von Braunschweig – Gotha vom 13.10.1912
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