alfred
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    Hallo jrfunk, hallo zusammen,

    selten habe ich über einen Text zur Beschreibung eines Zeppelinpostbelegs so lange geknobelt wie über diesen attraktiven Brief aus Liechtenstein:

    Zitat @jrfunk: „Der abgebildete Beleg zeigt einen Nachbringeflug für die 20. SAF 1936. Eigentlich keine große Besonderheit ….“

    Einverstanden: wenn wir im neuen Michelkatalog lesen, dass insgesamt 436 kg Post über Natal abgeworfen wurden, von denen 210 kg mit dem Lufthansa-Nachbringeflug nach Bathurst geflogen wurden, sind die beiden Beförderungswege fast gleich häufig.

    Zitat @jrfunk: „Und jetzt kommen wir zur eigentlichen Besonderheit, die man auf den ersten Blick nicht direkt erkennen kann.
    Dieser Brief ist nicht mit dem Luftschiff LZ 129 ab Frankfurt am Main befördert worden.“

    Was meint der Autor? Ist das nicht ein Widerspruch?

    Vermutlich habe ich die Auflösung gefunden: es geht wohl um den Bestätigungsstempel.
    Da ist der Michelkatalog nur bedingt hilfreich. Das steht auf Seite 319 oben (nach einem etwas verunglückten Aufstiegsdatum) zwar „Bestätigungsstempel „EUROPA – SÜDAMERIKA wie vor Nr. 509 (LZ127) Kennbuchstaben b, c, e für normale Post, Kennbuchstabe d für Nachbringeflug“, aber wenn man dann auf der angegebenen Stelle vor der Katalognr. 509 auf Seite 280 nachschaut, sieht man dort nur den Bordpoststempel abgebildet. Der Fehler ist nicht ganz neu: auch in der zweiten Auflage ist er schon zu finden. Hartnäckig habe ich auch im Michel von 1995 nachgesehen: dort wurde auf auf den vor der Katalognr. 12 (LZ129) abgebildeten „EUROPA – NORDAMERIKA“-Bestätigungsstempel verwiesen …
    Und diesen früh erkannten Fehler hat dann irgendjemand beheben wollen (Smiley traurig!) Da wird man auch misstrauisch, was die Beschreibung der Kennbuchstaben anbetrifft …

    Übrigens hilft auch der gute alte Sieger-Katalog nicht wirklich weiter: da steht auf Seite 286 (der 22. Auflage) „Bei den verschiedenen Postämtern aufgelieferte Post erhielt den Bestätigungsstempel mit verschiedenen unterschiedlichen Buchstaben wie bei der 1. Fahrt“. Dieser Text wird wortgleich bei den vorhergehenden SAF der ‚Hindenburg‘ wiederholt, bei der ersten (auf Seite 271) ist dann aber von den unterschiedlichen Kennbuchstaben keine Rede mehr …

    Für Katalogrecherchen bei Belegen aus der Schweiz oder Liechtenstein greife ich auch gerne auf das hervorragende Schweizerische Luftposthandbuch (Ausgabe 2013) zurück.
    Da findet sich (auf Seite 408) folgender Text:
    „Nachbringeflüge ab 1935:
    Ab 1935 wurden Flugzeuge der Lufthansa eingesetzt, die verspätete Post von Berlin und Stuttgart (ab 11.5.1936 von Frankfurt) zum Luftschiff nach Barcelona, Sevilla oder Larache, ab Okt. 1936 nach Bathurst bringen. ….. Kennzeichen dieser Sendungen: Kennzeichen „d“ (an Bord gestempelt)“

    Erst mit dieser Information wurde mir klar, was der Autor vermutlich meinte: der auf seinem Brief abgeschlagene Bestätigungsstempel mit Kennbuchstabe „e“ passt nicht zu der schlüssig nachgewiesenen Tatsache, dass der Brief mit dem Nachbringeflug befördert wurde. Das ist wohl die Besonderheit!

    Zu bedenken gibt es dabei allerdings, dass knapp die Hälfte des gesamten Postaufkommens erst in Bathurst an Bord der ‚Hindenburg‘ kam. Bei einem realistischen Durchschnittsgewicht von 8 Gramm immerhin über 26.000 Karten und Briefe, die bestimmt nicht alle im winzigen Bordpostamt bearbeitet werden konnten. Da sicher auch nicht die gesamte per Flugzeug beförderte Post erst nach Aufstieg des Luftschiffs in Frankfurt ankam sondern dass man bewusst beim Gewicht des Luftschiffs sparen wollte und die Ladekapazität des Flugzeugs ausnutzte, erhielt bestimmt ein Großteil der nachgebrachten Post ebenfalls schon in Frankfurt den Bestätigungsstempel.

    Übrigens: der in der Belegbeschreibung erwähnte rückseitige handschriftliche Vermerk wurde meiner Meinung nach nachträglich von einem Sammler angebracht.

    Und noch eine Kleinigkeit, die man korrigieren könnte (wenn man es könnte …):

    Zitat @jrfung: „Die Sendung sollte also nicht bis zum Ende der Fahrt nach Rio de Janeiro, sondern nur bis Natal im Bundesstaat Pernambuco/Brasilien gehen.“

    Natal liegt nicht im Bundesstaat Pernambuco sondern ist die Hauptstadt des Bundesstaates Rio Grande do Norte. Die Weiterbeförderung der Post ab Natal in die brasilianischen Zielorte – z.B. auch nach Recife (in Deutschland oft “Pernambuco” genannt) – übernahm die Fluggesellschaft Syndicato Condor Lta. mit ihren schnelleren Flugzeugen, mit der die Zeppelingesellschaft schon seit 1930 entsprechende Verträge abgeschlossen hatte.

    Viele Grüße
    Alfred Nuzinger

    PS. Ich hätte meine Bemerkungen zu diesem Beitrag gerne dem Sammlerfreund @jrfunk in einer persönlichen Nachricht („PN“ in den mir bekannten anderen philatelistischen Foren) geschrieben – hoffentlich lässt sich eine solche Möglichkeit zukünftig auch hier realisieren!